Wenn der Holger mit dem Jochen: Zwei Herren namens Seitz leben in unterschiedlichen Welten, benötigen aber beide für ihr jeweiliges Saisonziel dringend die Punkte…
In das Spiel gegen die scheinbar übermächtige Bayern-Reserve geht die Viktoria nicht zuletzt wegen eines nicht weg zu diskutierenden Form- und Ergebnistiefs als krasser Außenseiter. Dennoch sollte man zu bedenken geben: Bei nur noch sieben ausstehenden Spielen ist es äußerst riskant, sich die Gegner, gegen die man die noch benötigten Punkte zum Klassenerhalt (mindestens neun) zu holen gedenkt, aussuchen zu wollen. Es empfiehlt sich daher wirklich nicht, die Partie wegen ihres David-gegen-Goliath-Charakters schon im Vorfeld „abzuschenken“. Dass auch die Bayern verwundbar sind, haben im Saisonverlauf die Niederlagen in Rosenheim (2:3) und Bayreuth (0:2) sowie zuletzt vor eigenem Publikum das 0:1 gegen Abstiegskandidat Augsburg gezeigt.[caption id="attachment_20623" align="alignright" width="300"]
26. Spieltag (Nachholspiel): Viktoria empfängt den FC Bayern München II[/caption]Ein Spitzenteam der Regionalliga Bayern ist die U23 der Münchner Bayern, seit die Liga zur Saison 2012/13 ins Leben gerufen wurde. Doch bisher bissen sie sich an dem großen Ziel Aufstieg in die 3. Liga die Zähne aus. Einmal, in der Saison 2013/14, unter Coach Eric ten Haag, konnte man zwar die Meisterschaft erringen, scheiterte aber in der Relegation zur 3. Liga knapp an Fortuna Köln. Insgesamt landeten die kleinen Bayern dreimal auf dem zweiten Platz, zuletzt in der Vorsaison, als man mit Tim Walter auf der Trainerbank die Dominanz der Löwen nicht brechen konnte. Es erfolgte zur Saison 2018/19 der Trainerwechsel zu Holger Seitz, der zuvor die U17 der Bayern-Junioren gecoacht hatte.
„Die Erwartungshaltung an alle Beteiligten macht die Arbeit beim FC Bayern sehr spannend. Man soll erfolgreichen Fußball spielen, gleichzeitig auch die Spielidee des Ballbesitzfußballs aufziehen und Talente individuell weiterentwickeln. Das alles macht die Arbeit zu einer interessanten Herausforderung“, kommentierte der seit 2015 an der Säbener Straße tätige Seitz anlässlich seiner Vertragsunterzeichnung. Diese sollte unter einem guten Stern stehen: Die Roten legten mit acht Siegen in Folge einen mustergültigen Start hin, der lediglich in der Meistersaison 2013/14 (neun Siege) noch getoppt wurde. Der Rest des Feldes konnte kaum folgen, der erste Verfolger Burghausen lag zu diesem Zeitpunkt bereits sechs Punkte zurück. Erst am 12. Spieltag musste man in Rosenheim die erste Niederlage hinnehmen, ließ sich dadurch aber in seinem Lauf nicht beirren. Zum Abschluss der Hinrunde hatte man seinen Vorsprung sogar auf zehn Punkte vor dem erstmals auf dem zweiten Tabellenplatz auftauchenden VfB Eichstätt aufgebaut. Niemand ahnte damals, dass der „Nobody“ aus dem Altmühltal fortan zum hartnäckigsten Widersacher des Bayern-Talentschuppens werden sollte. Das Team von Markus Mattes übernahm am 26. Spieltag sogar kurzfristig die Tabellenführung, nachdem es in den ersten zehn Partien der Rückrunde unglaubliche 28 (!) Punkte geholt hatte. Die kleinen Bayern hingegen kamen in der Folge aus dem Tritt und hatten mit 14 Punkten aus neun Spielen (das heutige Nachholspiel gegen die Viktoria nicht eingerechnet) einen deutlichen Leistungsabfall zu verzeichnen.
Kader gespickt mit Nationalspielern
Im aktuellen Kader der Münchner stehen mit Linksaußen Alphonso Davis (Kanada) und dem die Torschützenliste der Regionalliga Bayern mit 19 Toren anführenden Kwasi Okyere Wriedt (Ghana) zwei A-Nationalspieler. Hinzu kommen nicht weniger als acht Junioren-Nationalspieler (davon vier für Deutschland), die zu den internationalen Einsätzen freigestellt werden müssen. Kommt es dabei zu Überschneidungen mit dem Regionalliga-Betrieb, so werden die davon betroffenen Liga-Partien in der Regel neu terminiert. Im Saisonverlauf gab es daher schon einige Spielverlegungen mit Beteiligung der kleinen Bayern. Die Hauptgewichtung liegt wie bei jeder Profi-Reserve darauf, die jungen Talente in ihrer Entwicklung voranzubringen, um sie dann bestenfalls mit einem Profivertrag beim FCB auszustatten. Dieser Zielsetzung hat sich gegebenenfalls auch der sportliche Erfolg in der Liga unterzuordnen.[caption id="attachment_19585" align="alignleft" width="600"]
Die Viktorianer haben die Gelegenheit, sich gegen München zu rehablitieren. Dazu braucht es eine Portion Mut und Kampfeswillen. (Archiv, © Moritz Hahn)[/caption]Was bei den Bayern nicht viel heißen mag. Letztlich unbeeindruckt von den Verwerfungen im Spielplan, die ihnen (und freilich auch den jeweiligen Gegnern) die ein oder andere englische Woche bescherte, sind sie nach wie vor auf Aufstiegskurs. Selbst wenn sie – womit immer noch die wenigsten rechnen – im Zweikampf um die Meisterschaft gegen den VfB Eichstätt den Kürzeren ziehen sollten, ist ihnen die Teilnahme an der Aufstiegsrunde zur 3. Liga so gut wie sicher. Der VfB hat bereits aufgrund fehlender struktureller Voraussetzungen seinen Aufstiegsverzicht erklärt, von anderen Vereinen droht kein Ungemach mehr. Nürnberg II mit 10 Punkten Rückstand und Schweinfurt (14) sind angesichts von sechs noch ausstehenden Partien realistisch gesehen aus dem Spiel.Natürlich ist für die kleinen Bayern auch der Meistertitel eine Ehrensache, umso mehr als man sich nicht von einem kleinen Amateurverein wie dem VfB Eichstätt auf die Plätze verweisen lassen will. Daher wird man in der Endphase der Meisterschaft voraussichtlich noch einmal das Tempo anziehen, um das sich anbahnende Kopf-an-Kopf-Rennen mit dem VfB letztlich für sich zu entscheiden. Am letzten Freitag holte sich die Elf von Holger Seitz mittels eines mühevollen 2:1-Auswärtserfolgs beim TSV Buchbach die Tabellenführung für eine Nacht zurück. Doch Eichstätt lässt nicht locker. Tags darauf setzte sich der VfB durch einen 4:3-Sieg in Rosenheim wieder an die Spitze.
Kein Scherz wie in Illertissen: U23 des FC Bayern „spielt international“
Quasi „nebenbei“ betätigen sich die Jungstars des FC Bayern auch noch auf internationaler Ebene. Vor einer Woche zogen sich durch einen 3:1-Sieg gegen die U23 des FC Reading (England) ins Finale des „Premier League International Cup“ ein. Im Finale treffen sie auf den noch zu ermittelnden Sieger des zweiten Halbfinales, in dem die Nachwuchsteams des FC Southhampton und von Dynamo Zagreb aufeinander treffen. Coach Holger Seitz lobte sein Team für die
„sensationelle Leistung“ im bisherigen Turnierverlauf. Eine ähnlich sensationelle Leistung – wenngleich auf nationaler Ebene – braucht das Team von Jochen Seitz am Dienstagabend, um die Bayern nach all ihren Höhenflügen im harten Alltagsgeschäft der Regionalliga schmerzhaft aufschlagen zu lassen. Eine Blaupause steht immerhin zur Verfügung: Im Hinspiel konnten die Weiß-Blauen einen 0:2-Rückstand noch egalisieren und so einen wahrlich nicht einkalkulierten Punkt aus dem Grünwalder Stadion entführen.
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