„Blue and white“ – da war doch mal was. Wem jetzt reflexartig „Schönbusch Dynamite“ in den Kopf schießt, der ist mit einiger Sicherheit schon mal ein Viktorianer. Und hat ins Schwarze getroffen, denn mit dem Stadion am Schönbusch hatte der, um den es hier gehen soll, bis Anfang des Jahres sehr viel zu tun. Luca Dähn, bis dahin Stammspieler der Seitz-Elf, streifte das weiß-blaue Trikot nur ab, um ein Master-Studium in den USA aufzunehmen. In dem Städtchen South Orange (40 Kilometer von New York entfernt), wo Luca mit vier Kommilitonen in einem Haus wohnt, wartete schon ein neues Trikot auf ihn: das seines Soccer-College-Teams in den Vereinsfarben – aufgemerkt! – „blue and white“. Zum einen kurios, zum anderen aber auch eine Konstante in der ansonsten schillernden Farbpalette des pulsierenden „Big Apple“, der – wie Luca Dähn in unserem folgenden virtuellen Gespräch indirekt bestätigt – insbesondere auf junge Menschen eine magische Anziehungskraft ausübt.
Das Interview mit Luca Dähn führten Wolfgang Fleischer und Moritz Hahn.
Hallo Luca, Du weilst ja seit kurzem im Rahmen eines Master-Studiengangs in den USA. Hast Du Dich im Land der unbegrenzten Möglichkeiten bereits gut eingelebt?
Luca Dähn: „Ich bin ja jetzt schon seit Anfang Januar hier und habe mich mittlerweile sehr gut eingelebt. Die ersten Wochen musste ich mich natürlich an alles erstmal gewöhnen, aber ich fühle mich sehr wohl und es macht viel Spaß.“
Kannst Du Deinen typischen Tagesablauf beschreiben?
„Wir trainieren täglich um 10 Uhr mit der Mannschaft und haben davor meist noch eine Einheit im Kraftraum. Dann ist gegen 12.30 Uhr Mittagessen und den Nachmittag verbringe ich meistens damit, Vorlesungen der Uni zu besuchen und verschiedene Aufgaben für die einzelnen Kurse zu erledigen. Ich wohne mit fünf anderen Teamkollegen zusammen in einem Haus, deswegen essen wir meist abends zusammen. Die Trainingsbedingungen sind hier sehr professionell, da die Unis sehr viel Geld in den Sport stecken. Das ist wirklich vergleichbar mit den Trainingszentren aus der 1. und 2. Liga in Deutschland."
Du bist schon fester Bestandteil des Fußballteams der Seton Hall University (South Orange, Bundesstaat New Jersey), das fast ausschließlich aus Europäern besteht. Wie in der einheimischen Presse zu lesen war, sorgst dieses Uni-Team unter Deiner Mitwirkung aktuell sportlich für mächtig Furore…
„Wir spielen hier in der Division 1, die aus insgesamt über 200 Teams im ganzen Land besteht und das höchste Level ist. Die Teams sind aufgeteilt in ca. 20 Conferences. Wir haben dieses Jahr zum ersten Mal seit 30 Jahren unsere Conference gewonnen, was ein sehr großer Erfolg für die Universität ist. Damit haben wir uns für die national Playoffs qualifiziert, in denen das beste Team im ganzen Land ausgespielt wird. Hierzu sind wir vor zehnTagen nach North Carolina geflogen, wo die gesamten Playoffs ausgespielt werden und leben hier im Hotel. Nach zwei Siegen stehen wir jetzt unter den besten acht Teams im Land und ich hoffe, wir können noch ein bisschen weiter kommen!“
Kleine Anekdote, so zu lesen auf der Internet-Seite „Heimatsport.de“: Weil Dein Mannschaftskamerad Johannes Pex (früher SV Schalding-Heining) und Du euch während eines Spiels auf Deutsch (!) unterhalten habt, wurdet ihr vom Schiri wiederholt ermahnt. Das Blatt kommentiert genüsslich: „Es mag Zufall sein, dass nur die Deutschen innerhalb von zwei Minuten eine gelbe Karte kassiert haben.“ Sehen wir Dich also schuldbewusst?
„Tatsächlich unterhalte ich mich auf dem Platz mit Pexi manchmal auf Deutsch, der schnelleren Kommunikation wegen. Natürlich ist das nicht verboten, auch wenn das den Schiedsrichtern nicht so gefällt. Das hatte aber nichts mit den gelben Karten zu tun… (lacht)“
Wie nimmst Du den Stellenwert von Fußball (Soccer) in den USA wahr?
„Die großen Sportarten sind natürlich Football, Basketball, Baseball und Eishockey. Aber Fußball wächst hier sehr stark und die Aufmerksamkeit wird größer. Das hängt auch damit zusammen, dass internationale Stars auf ihre letzten Tage nochmal in der MLS (Major League Soccer) spielen und zum Beispiel David Beckham hier mit Inter Miami einen neuen Klub gegründet hat, der sehr viel Aufmerksamkeit erzeugt.“
Du hast die vier beliebtesten Sportarten in den USA gerade genannt. Interessierst Du Dich für eine oder mehrere in besonderer Weise? Du sitzt ja jetzt gewissermaßen an der Quelle…
„Ich bin ein großer Football Fan und verfolge in den letzten Jahren die NFL Saison sehr intensiv! Da das MetLife Stadium in New York nur ca. 20 Minuten von meinem Haus entfernt ist, werde ich auf jeden Fall im Herbst ein NFL Spiel besuchen. Ansonsten will ich so viele Sportveranstaltungen wie möglich anschauen. Der Madison Square Garden ist mit dem Zug auch in 20 Minuten zu erreichen, da möchte ich gerne ein NBA Spiel anschauen. Ich hoffe das ist im Herbst wieder möglich!“
Kannst Du ein einschneidendes persönliches Erlebnis nennen, dass Du im Nachgang als „typisch amerikanisch“ bezeichnen würdest?
„Ich habe jetzt nicht ein direktes Erlebnis, aber die große Auswahl an Fast-Food-Ketten und riesigen Einkaufszentren wie Walmart ist schon typisch amerikanisch und absolut ein Teil der Kultur hier.“
Inwiefern macht ein Masters-Studium Luca Dähn „fit4future“ oder – anders: Welche Fertigkeiten (auf Englisch „skills“) möchtest Du Dir im Rahmen Deines Auslandsaufenthalts neben dem erfolgreichen Studienabschluss noch erwerben?
„Der Abschluss mit einem Master of Business Administration hat für mich hier Priorität. Aber es ist nicht nur das Studium, sondern mich hat auch die generelle Erfahrung, mal im Ausland zu leben, gereizt. Das Leben in direkter Nähe zu New York City ist sehr spannend, außerdem versuche ich, in der trainingsfreien Zeit so viel wie möglich rumzureisen im Land. Unsere Mannschaft besteht aus mehr als 10 Nationalitäten, von Brasilien über Finnland bis nach Israel, wir decken den ganzen Globus ab (lacht). Deshalb ist es auch spannend, andere Kulturen kennenzulernen.“
Wir hoffen doch, dass Du auch aus dem fernen New York nach wie vor am Schicksal der Viktoria teilnimmst. Vielleicht eine kleine Botschaft an die (Ex-)Mannschaftskollegen?
„Natürlich verfolge ich alles rund um die Viktoria sehr genau und bin in Kontakt mit Jochen und den Spielern! Ich freue mich, dass nach so langer Zeit endlich das Training wieder aufgenommen werden konnte und die Vorbereitung auf die Playoffs begonnen hat. Es ist klar, dass Bayreuth und Schweinfurt einen riesigen Vorteil haben, da sie sich schon seit Wochen vorbereiten und die Spieler sich nur auf Fußball konzentrieren. Aber gerade deshalb ist der Anreiz noch größer, die beiden zu ärgern. Und unsere Stärke war schon immer der Zusammenhalt in der Mannschaft, womit wir auch verdient die fast reguläre Saison auf dem 1. Platz der Regionalliga Bayern beendet haben. Ich werde Ende Mai zurück nach Deutschland kommen und dann natürlich so gut wie möglich das Team unterstützen!“
Nicht nur die Briten, auch die Amerikaner stehen im Ruf, wettfreudig zu sein. Würdest Du auf den Aufstieg des SVA in die 3. Liga setzen?
„Warum nicht? Es ist ein langer Weg bis zum Aufstieg, aber die Mannschaft hat auf jeden Fall das Zeug dazu!“
Hast Du schon konkrete Pläne, was Du nach dem Studienaufenthalt machst?
„Nach Abschluss meines Studiums plane ich schon, zurück nach Deutschland zu kommen. Je nachdem, wie meine berufliche Situation aussieht, möchte ich auch noch ein bisschen Fußball spielen, am liebsten bei der Viktoria!“
Luca, wir danken Dir herzlich für die detaillierte Beantwortung unserer Fragen und wünschen Dir, dass Du aus Deinem Aufenthalt in den USA in jeder Hinsicht den größtmöglichen Profit ziehst! Wenn Du Ende Mai aus den Semesterferien kommst, um das Team zu unterstützen, dann impliziert das zwingend, dass Du ihm das Überleben in der Play-off-Runde zutraust. Hiermit hast Du wohl jeden Viktoria-Fan an Deiner Seite!
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Stand: 12. Mai 2021 / Verfasser: Wolfgang Fleischer & Moritz Hahn
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