408 Pflichtspiele im weiß-blauen Trikot absolviert und mit der Viktoria in 12 Spielzeiten von der Verbandsliga Hessen Süd bis zur Regionalliga Bayern alle sportlichen Meere bereist: diese Beständigkeit macht Kapitän Simon Schmidt zweifellos zur prägenden Spielerpersönlichkeit der Viktoria nach der Jahrtausendwende. Grund genug, im Rahmen eines dreiteiligen Interviews den sportlichen Lebensweg des mittlerweile 37-jährigen Routiniers nachzuzeichnen. Von den Anfängen bei den Junioren des SVA und später TSV 1860 München über verschiedene Anläufe, im Profibereich Fuß zu fassen bis zur ersten Rückkehr an den Schönbusch in der Saison 2006/07 spannt sich im ersten Teil der Bogen. Simon Schmidt spart auch die gesundheitlichen Rückschläge nicht aus, die in ihm zwischenzeitlich den Gedanken aufkommen ließen, die Fußballschuhe ganz an den Nagel zu hängen. Die spätere Viktoria-Legende stand zu jenem Zeitpunkt auf der Kippe. Es hätte auch alles ganz anders kommen können…
Das Interview mit dem Viktoria-Kapitän Simon Schmidt führten Wolfgang Fleischer und Moritz Hahn.
Simon, in grauer Vorzeit gab es in Deutschland den klassischen Typus des Straßenfußballers. Würdest Du, Jahrgang 1984, Dich auch noch als solchen bezeichnen?
Simon Schmidt: „Ich habe schon als kleiner Junge gegen den Ball getreten. Mein Vater brachte mich mit fünf Jahren zum Fußball. Von da an verbrachte ich meine ganze Freizeit auf Bolzplätzen. Natürlich hatte ich auch noch andere Interessen. So spielte ich zeitweise Volleyball. Da meine Mutter Pferde hatte, hatte ich auch Kontakt zum Reitsport. Aber spätestens mit dem Wechsel von meinem Heimatverein VfR Großostheim zur Viktoria hat mich der Fußball ganz in Beschlag genommen. Mein Tagesablauf damals: nach der Schule Hausaufgaben, raus zum Bolzplatz und anschließend noch Training.“
Auf welchem Wege kamst Du an den Schönbusch?
„Ich wurde in die Kreis- und Bezirksauswahl berufen und avancierte dort zum Stammspieler. So wurde man am Schönbusch auf mich aufmerksam. Seinerzeit war Markus Schäfer, der Vater von Marcel, dort Trainer. Marcel kannte ich schon, somit war das für mich ein logischer Schritt.“
Welchen Vorbildern im Profibereich eifertest du als kleiner Junge nach?
„Ich fand immer gewisse Weltklassespieler ganz toll, wie zum Beispiel Zinedine Zidane, aber so ein richtiges Vorbild hatte ich jetzt auch nicht.“
Es ist kein Geheimnis, dass du zusammen mit Marcel Schäfer und Daniel Baier im Alter von 15 Jahren aus der Viktoria-Jugend ins NLZ der Münchner Löwen wechseltest. Wie kam das seinerzeit zustande?
„Das war im Prinzip so ein ähnlicher Schritt wie damals bei meinem Wechsel zur Viktoria. Wir haben in Bezirks- und Bayernauswahl gespielt und waren dort auch Stammspieler. Wenn man unter den elf besten Spielern in Bayern ist, haben natürlich auch die größeren Vereine Interesse. Es gab mehrere Vereine, die damals interessiert waren, aber 1860 hat uns einfach vom Konzept her überzeugt. Dort wurde viel Wert auf Schule und Bildung gelegt.“
Welche Situation habt ihr seinerzeit an der Grünwalder Straße vorgefunden?
„Für damalige Verhältnisse waren das optimale Bedingungen, aber nicht vergleichbar mit den Nachwuchsleistungszentren, die die heute haben. Man hat im Studentenwohnheim gewohnt und es war noch mehr Selbständigkeit gefordert. Wir sind nicht in eine Fußballschule, sondern in eine ganz normale Schule gegangen. Ohne Selbstorganisation lief nichts.“
Wie waren die Junioren der Löwen damals sportlich aufgestellt?
„Die haben alle in der höchsten Klasse gespielt. Wir sind einmal Zweiter und in der A-Jugend sogar süddeutscher Meister geworden. Wir waren also relativ erfolgreich.“
Hattest Du bei den Löwen-Junioren viel Einsatzzeit?
„Ja, in der B- und A-Jugend habe ich eigentlich immer gespielt, mit Ausnahme des jüngeren Jahrgangs in der A-Jugend, als mich eine langwierige Verletzung außer Gefecht setzte.“
Ein Aschaffenburger Trio gleichen Jahrgangs bei den Junioren eines Bundesligisten dürfte wohl etwas Einmaliges gewesen sein. Gab es in der 1860er-Jugend damals die „gefürchtete Aschaffenburger Achse“?
„Es war schon so, dass wir drei dort zu den Leistungsträgern gehört haben, die das Spiel mit geprägt haben.“
Sind Dir aus der Zeit noch Namen von Personen geläufig, die den Fußballer Simon Schmidt nachhaltig geprägt haben, sei es in sportlicher oder menschlicher Hinsicht?
„Geprägt jetzt nicht wirklich. Eher verbindet mich dem einen oder anderen, der damals mit mir gespielt hat, heute noch eine Freundschaft. Besonders zu jenen, mit denen ich damals im Studentenwohnheim zusammen gewohnt habe, habe ich noch Kontakt.“
Wie waren seinerzeit die Perspektiven, zu den Löwen in den Profibereich zu wechseln?
„Die Löwen waren zu jener Zeit in der Bundesliga und haben sogar im UEFA-Pokal gespielt. Die Hürde, von den Junioren direkt zu den Profis zu wechseln, war entsprechend hoch. Vorher hatte es kaum jemand geschafft, mir fällt auf Anhieb nur Benjamin Lauth ein. Es wurde dann etwas besser, Daniel Baier und Marcel Schäfer fanden vergleichsweise schnell Anschluss. Alle anderen mussten es über die zweite Mannschaft versuchen oder einen Umweg über einen anderen Verein nehmen.“
Deine erste Station als Aktiver war Wacker Burghausen…
„Wacker war damals Zweitligist. Ich war ein halbes Jahr an der Salzach, hatte aber keine Einsatzzeiten. Im Winter haben wir uns dann darauf verständigt, dass ich den Verein verlasse. Als 18-Jähriger will man letztendlich auch spielen.“
Deine Wahl fiel dann auf die Darmstädter Lilien. Was war der Hintergrund?
„Dafür gab es zwei Gründe. Zum einen erhoffte ich mir natürlich mehr Spielpraxis, zum anderen wollte ich wieder näher Richtung Heimat. Burghausen war schon extrem weit weg. Mein Engagement am Böllenfalltor stand aber unter keinem guten Stern. Aufgrund von diversen Verletzungen und einer schweren Erkrankung infolge eines Zeckenbisses konnte ich letztlich nur ein Spiel machen. Ich habe dann die Reißleine gezogen und meinen Vertrag aufgelöst. Mich mit der Krankheit durchzuschleppen erschien mir nicht sinnvoll. Oberste Priorität hatte für mich damals, wieder gesund zu werden.“
Trotzdem einigermaßen überraschend Dein Wechsel zur Haibacher Alemannia…
„Vorneweg: Ich spielte damals mit dem Gedanken, ganz mit dem Fußball aufzuhören. Zur Alemannia bin ich, um wieder Spaß am Fußball zu finden und in die Gänge zu kommen. Das war mehr Hobby, mit dem Thema Profifußball hatte ich zu diesem Zeitpunkt eigentlich abgeschlossen.
„Familienanschluss“ war am Hohen Kreuz vorhanden: Trainer der Alemannia war seinerzeit Jürgen Baier und mit Michael Neumann und Gabriel Akman traf ich dort auf Spieler, die ich noch von der Jugend des VfR Großostheim her kannte und die seitdem enge Freunde von mir sind.“
Was führte Dich in der Saison 2006/07 wieder an die alte Wirkungsstätte Schönbusch?
„Florian Ettl, der damals am Schönbusch spielte und den ich auch privat kannte, hat das eingefädelt, indem er telefonisch Kontakt zu mir aufnahm. Ich hatte dann ein Gespräch mit Herbert Euler. Danach hat es mich doch wieder gereizt, zur Viktoria zu gehen, der ich mich doch tiefer verbunden gefühlt habe.“
Teil 2 folgt …
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Stand: 21. März 2021 / Verfasser: Wolfgang Fleischer & Moritz Hahn
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