20 neue Spieler und Umstellung auf Profitum bilden das Rezept, das dem Team um Neucoach Rainer Mauer auch in der Regionalliga Bayern zu einer dominierenden Rolle verhelfen soll
Nach zwei Aufstiegen in Folge ist Türkgücü München in der Regionalliga Bayern angekommen. Die sportliche Entwicklung hat bei dem Münchner Kultverein so einiges in Gang gesetzt. Eher in die Kategorie Äußerlichkeiten fällt die Streichung von „Ataspor“ aus dem Vereinsnamen aus pragmatischen Gründen und die Aufnahme der Bayernraute in das Vereinswappen als identitätsstiftende Maßnahme. Gerade Letzteres ist verständlich, denn wo – wie im Fall Türkgücü geplant – ein vergleichsweise junger, aber offensichtlich solventer Verein durch einen radikalen Umbruch im Kader den schnellen Erfolg sucht, ist Identität ein zartes Pflänzchen, das sorgsam gepflegt werden muss. Nicht zuletzt braucht Identität nach allgemeinem Verständnis Kontinuität. Doch bei Türkgücü hat man sich bewusst für einen anderen Weg entschieden: Quasi mit einem neuen Team tritt man in der Regionalliga Bayern als Topfavorit an, nachdem man eine Einkaufsliste von nicht weniger als 20 verdienten Regionalliga- und Drittliga-Spielern aus allen Teilen der Republik abgearbeitet hat.[caption id="attachment_21100" align="alignleft" width="600"]
Am 2. Spieltag (Sa., 20.7.19)) der Saison 2019/20 trifft Viktoria Aschaffenburg in der 118-jährigen Vereingeschichte erstmals auf Türkgücü München[/caption]Der SV Türkgücü München wurde 1975 von einer Gruppe türkischer Migranten gegründet. Von 1988 bis 1992 und noch einmal von 1994 bis 1996 spielte man in der seinerzeit drittklassigen Bayernliga. Zu den Schlagerspielen gegen den TSV 1860 München strömten damals bis zu 12.000 Fans ins Dantestadion, damals sportliche Heimstatt der Türken. Die überraschende Auflösung des Vereins erfolgte 2001, als Präsident und Mäzen Ergun Bersoy in die Türkei zurückkehrte.Neu gegründet wurde der Verein unter dem Namen Türkischer SV 1975 München. Nach einer Fusion mit dem Bezirksligisten SV Ataspor firmierte man fortan unter dem Namen SV Türkgücü Ataspor München. Die sportlichen Anfänge waren nicht leicht, mehrere Jahre lang war man ausschließlich mit Landesliga-Abstiegskampf beschäftigt. 2017 wurde kräftig in die Mannschaft investiert und der Aufstieg in die Regionalliga als sportliches Ziel proklamiert. Dieses wurde durch einen Doppelaufstieg im Turbotempo umgesetzt. Nachdem man sich in überlegener Manier die Meisterschaft in der Bayernliga Süd gesichert hatte, wurde Ex-Profi Rainer Maurer (Unterhaching, Bayern München, 1860 München) als Trainer engagiert, der als früherer erfolgreicher Löwentrainer die Münchner Fußballszene bestens kennt und aus dem besonderen Status seiner gänzlich neu formierten Truppe –
„Wir sind kein normaler Aufsteiger“ – keinen Hehl macht:
„Zum einen spielte Türkgücü vorletzte Saison noch in der Landesliga und ist jetzt zweimal in Folge aufgestiegen, zum anderen stellen wir zur neuen Saison von dreimal Abendtraining auf Profibedingungen mit sieben Trainingseinheiten um.“Coach Maurer nimmt den Druck an
Die Ziele von Türkgücü unter seinem Präsidenten Hasan Kivran sind auch weiterhin sehr ambitioniert, zuletzt wurde gar der Aufstieg in die 3. Liga ins Gespräch gebracht.
„Alles andere wäre auch nicht in meinem Interesse. Trotzdem müssen wir Schritt für Schritt vorangehen. Eine komplett neue Mannschaft unter veränderten und hohen Trainingsbelastungen sofort zum Erfolg zu führen, wird sicherlich nicht einfach“, beschreibt Maurer die nicht zuletzt aufgrund der hohen Erwartungshaltung knifflige Ausgangslage.Was den Regionalligakader für die neue Saison betrifft, so kann bei Türkgücu angesichts von 20 Neuverpflichtungen schon von einem Mannschaftsaustausch gesprochen werden. Einer der prominentesten Neuzugänge ist Karl-Heinz Lappe. Der 31-Jährige macht schon viele Jahre lang als Regionalliga-Torjäger von sich reden und stand zuletzt in Diensten des FSV Mainz 05 II (Regionalliga Südwest).
„60er-Connection“ bei Türkgücü
Der 59-jährige Maurer ist indes nicht der Einzige bei Türkgücü, der mit einer Löwen-Vergangenheit aufwarten kann. Eingefädelt wurde der Trainerdeal vom Sportlichen Leiter Robert Hettig (jetzt Geschäftsführer der neu gegründeten GmbH), der als alter Weggefährte von Maurer lange Jahre bei den Löwen als Leiter der Medienabteilung und Teammanager in Personalunion tätig war. Der Dritte im Bunde ist Torwart-Legende Michael Hofmann, der von 1994 bis 2010 das Tor der Löwen hütete und seit 2017 Torwarttrainer bei Türkgücü ist. Die Rückkehr ins Grünwalder Stadion zur Rückrunde weckt daher in ihm fast schon nostalgische Gefühle:
„Ich persönlich habe 1991 schon mit Bayreuth im Grünwalder Stadion gegen Türkgücü gespielt . Es ist einfach toll, dass es das wieder geben wird.“ In der ersten Halbserie aber muss der Regionalliga-Newcomer seine Heimspiele noch im Sportpark Heimstetten austragen.
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