Viktoria Aschaffenburg überwintert in der laufenden Regionalliga-Saison 22/23 auf einem hervorragenden dritten Tabellenplatz.  Wir haben mit den beiden Hauptverantwortlichen im sportlichen Bereich, Sportvorstand Benedikt Hotz und Cheftrainer Jochen Seitz, über die bisherige Saison, die allgemeinen Bedingungen und die Zukunftsperspektiven gesprochen. 

Die Mannschaft überwintert auf Tabellenplatz drei und nur die Topfavoriten aus Unterhaching und Würzburg haben ihre Sache bisher besser gemacht als die Viktoria. Für euch ein überraschendes Tabellenbild? 

Benni: “Überraschend schon irgendwo, aber nicht unverdient, dadurch dass wir uns weiterentwickelt haben. Die Marschroute war ja irgendwo ins oberste Drittel zu kommen und von daher bewegen wir uns schon in der Region, wo wir auch hinwollen aber ist natürlich schon vieles optimal gelaufen.” 

Jochen: “Wir hatten tatsächlich zwischenzeitlich mal Probleme, hatten Höhen und Tiefen gerade während der Vorrunde. Ich glaube, das prägendste Spiel war gegen Buchbach, woraufhin es in der Woche dann einen Meinungsaustausch gab, bei dem dann auch mal die Fetzen geflogen sind - gerade auch von meiner Seite. Ich denke, dass das der Wendepunkt war, um dann in der Rückrunde richtig durchzustarten. Tabellenplatz drei ist natürlich hervorragend und ein riesiger Erfolg für die Viktoria.” 

Einige Spieler sind schon lange dabei. Genau wie du, Jochen. Geht es da manchmal auch zu brav und zu lieb zu? Braucht es nicht doch ab und an die Auseinandersetzung und einen Konkurrenzkampf? 

Jochen: “ Ja, um erfolgreich zu sein, gehört das dazu. Wenn man sportlich erfolgreich ist, ist alles in Ordnung, aber wenn man merkt, dass es in eine andere Richtung geht, muss man als Trainer Konsequenzen ziehen und dementsprechend auch mal unangenehme Dinge ansprechen. Das haben wir gut umgesetzt und unsere Schlüsse aus verschiedenen Dingen gezogen. Danach ist es aber genauso wichtig, wieder positiv nach vorne zu blicken.” 

Was braucht es eurer Meinung nach, um dauerhaft auf den ersten zwei, drei Plätzen mit dabei zu sein? Ist es nur die finanzielle Ausstattung? Oder ist es doch nicht nur das Geld alleine? 

Benni: “Der größte ausschlaggebende Punkt sind die finanziellen Rahmbedingungen. Unsere Philosophie ist Kontinuität, Regionalität, Charakter und Leidenschaft. Man muss eine Philosophie haben, muss dieser treu bleiben und auch gut überlegen wie und in wen man investiert.”  

Jochen: “Es gibt ja auch in der Bundesliga Beispiele, bei denen das Geld nicht so vorhanden ist, jedoch trotzdem gut gearbeitet wird. Dies ist bei uns definitiv auch der Fall. Wir haben in den letzten Jahren hervorragende Ergebnisse erzielt, obwohl wir immer einen Etat im niedrigen Regionalliga-Bereich hatten. Also muss insofern natürlich beides passen, gerade wenn man den Sprung in die Dritte Liga schaffen möchte. Nur mit Philosophie und Leidenschaft wird man dies nicht schaffen. Man braucht einen guten Charakter in der Truppe - den haben wir. Aber sicher auch den einen oder anderen absoluten Top-Spieler auf wichtigen Positionen – und dafür braucht es dann eben wieder das nötige Kleingeld.” 

Angenommen ihr könntet jetzt einen Megaspieler verpflichten, würde dieser eine Spieler ein Game-Changer sein oder kommt es doch eher auf das Gesamtpaket an? 

Jochen: “ Ich denke, wenn wir einen Koffer voll Geld hätten, würden wir es tatsächlich ein bisschen breiter streuen, damit jeder davon profitiert. Auch die bisherigen Spieler, die uns wirklich immer bezüglich ihres Verdienstes entgegenkommen. Wir dürfen nicht vergessen, dass wir eine Mannschaft haben, in der fast alle ungefähr gleich verdienen. Wenn wir einen dazu holen würden, der diesbezüglich ein extremer Ausreißer wäre, könnte es innerhalb der Gruppe schon problematisch werden. Von daher ist es natürlich das Gesamtpaket, das zählt.”

Dann lasst uns das Gesamtpaket doch einmal etwas genauer beleuchten: Die Verzahnung mit der U19- ist das auch etwas was noch mehr intensiviert werden kann? Oder seid ihr da schon am Limit?   

Benni: “Grundsätzlich hängt es von der Qualität der U19 Spieler ab. Es muss perspektivisch sowohl für den Spieler, als auch für uns Sinn machen. Meine Intension war immer, die besten zwei/drei Spieler von jedem Jahrgang zu übernehmen und daraus etwas wachsen zu lassen. Das hat in den vergangenen Jahren gut funktioniert, da unsere Jugendarbeit eine tolle Entwicklung genommen hat. Wir setzen auf die Jugend, aber komplett darauf zu setzen ist schwierig, da wir noch kein zertifiziertes NLZ sind und die Qualität in der Breite noch nicht ganz gegeben ist. Unser Ziel ist aber ganz klar, den eingeschlagenen Weg weiterzuführen und noch mehr von unseren Talenten und deren guter Ausbildung zu profitieren.”  

Jochen: “ Es ist wohl nirgendwo leichter, sich von einer U19 in eine semiprofessionelle Mannschaft zu spielen, wie bei uns. Ein interessanter Aspekt ist doch daher, sich über Viktoria Aschaffenburg dann für den Profifussball zu empfehlen statt in ein NLZ eines Bundesligisten zu gehen und dort Nummer 15, 16 oder 17 zu sein. Von daher kann Viktoria Aschaffenburg ein tolles Sprungbrett sein, da meine Trainerkollegen und ich auch gerne mit jungen, talentierten Spielern arbeiten.” 

Gesamtpaket Neuzugänge: Alex Paraschiv kam als offensiver Mittelfeldspieler aus der Hessenliga, Flo Pieper vom 1. FC Schweinfurt 05 zurück an den Schönbusch. Dazu kamen mit Benni Mbuku, Kai Philipp und William Herbert drei U19-Spieler in den Kader. Wie zufrieden seid ihr mit den Neuzugängen? 

Benni: “Insgesamt sind wir sehr zufrieden. Wir wussten um die Qualitäten von Flo vorne im Zentrum und er macht seine Sache richtig gut, wenn er fit ist. Hat dazu auch schon das eine oder andere sehenswerte Tor erzielt. Alex Paraschiv hält absolut das, was er versprochen hat und ist gerade in der Zweikampfstärke top, was für einen Offensivspieler nicht selbstverständlich ist. Die U19-Spieler haben sich ebenfalls gut entwickelt.” 

Jochen: “Flo ist eine Verstärkung, wenn er fit ist. Auch wegen seiner Erfahrung, die er mitbringt. Dazu bringt er einen starken Willen mit und identifiziert sich zu 100 Prozent mit der Viktoria. Alex ist sicher ein Stück weit eine positive Überraschung. Zeigt aber auch, dass man bei einem guten Scouting auch in der Oberliga klasse Spieler findet, die uns weiterbringen. Er spielt auf sehr gutem Niveau und es sollte auch für die kommende Saison unser Ziel sein, in dieser Spielklasse Talente für uns zu finden.” 

Gesamtpaket Torjäger: Benedict Laverty hat mit 12 erzielten Treffern maßgeblichen Anteil am derzeitigen erfolgreichen Abschneiden des Teams. Besteht die realistische Chance, ihn auch längerfristig an den SVA zu binden? 

Benni: “Erfolg weckt bekanntlich Begehrlichkeiten. Dazu stammt er nicht aus der Region. Die Gespräche werden nun in Kürze beginnen und wir werden alles daransetzen, ihn am Schönbusch zu halten. Auch wenn das nicht einfach werden dürfte.” 

Jochen: “Auf der anderen Seite fühlt sich Bene sehr wohl hier und hat auch eine Arbeitsstelle über den Verein erhalten. Von daher muss er sich grundsätzlich die Frage stellen, ob er den Sprung in den Profibereich mit fast 26 Jahren noch wagen möchte oder ob er den Schwerpunkt auf eine berufliche Laufbahn in Kombination mit Fußball auf sehr gutem Regionalliga-Niveau legt. Wir hoffen natürlich, dass wir ihn von Variante zwei überzeugen können und er mit uns den nächsten Schritt gehen möchte.” 

Gesamtpaket Leistungsträger: Benjamin Baier und Max Grün werden auch in der Saison 2023/24 am Schönbusch spielen, Hamza Boutakhrit hat einen Zweijahresvertrag bis 2024. Die halbe Achse steht also. Wer sind die nächsten Spieler, die bei euch auf dem Zettel stehen? 

Benni: “Wie du sagst, die halbe Achse steht. Es wird nun darauf ankommen, ob wir Luca Dähn in der Innenverteidigung über den Sommer hinaus behalten können. Hier benötigen wir unbedingt einen gestandenen Abwehrspieler, der Niklas Borger im Ligaalltag etwas entlastet. Roberto Desch ist ein Baustein, der wichtig für uns wäre und auf der Stürmerposition müssen wir aktiv werden. Dort haben nur Florian Pieper und Niklas Meyer weiterführende Verträge. Insgesamt laufen die Kontrakte von 14 Spielern aus.” 

Jochen: “Wichtig ist, zeitnah die Spieler zu verlängern, die ihre Leistung bringen und aus der Region kommen, um so das Grundgerüst wieder so weit wie möglich zusammenzuhalten. Dazu werden wir die Mannschaft punktuell ergänzen und verstärken, um uns weiterzuentwickeln.” 

Gesamtpaket Winterneuzugänge: Ist hier extern noch etwas geplant? 

Benni: “Nein, außer den U19-Spielern werde wir wohl keinen mehr dazunehmen.” 

Gesamtpaket Cheftrainer: Auch der Vertrag von Jochen sowie dem gesamten Trainerteam läuft im Sommer aus. Wie stehen die Chancen, dass auch Jochen Seitz ein Viktorianer bleibt und sein Trainerteam ebenfalls? 

Benni: “Aus Sicht des Vorstands und aus dem Blickwinkel des Sportlichen Leiters müssen wir nicht lange überlegen. Von unserer Seite sind wir bestrebt, das Trainerteam um Jochen auch so behalten zu wollen – gerne auch wieder mal langfristig (lacht).  Wir sind hochzufrieden mit der Entwicklung, er erreicht die Mannschaft und bringt sie voran. Von daher passen Jochen Seitz und Viktoria Aschaffenburg sehr gut zusammen und auch persönlich kommen wir beide sehr gut klar.”  

Besteht nicht mit jedem weiteren Jahr, das Jochen mit der Mannschaft und mit dir, Benni, zusammenarbeitet, auch die Gefahr der Eintönigkeit und einer gewissen Abnutzung? 

Benni: “Wir alle haben noch ein großes, gemeinsames Ziel vor Augen. Von daher können wir uns gar nicht im Alltag abnutzen. Unser großer Ansporn ist es, die Viktoria in den Profibereich zurückzuführen. Dafür brenne ich, dafür brennt Jochen und die Spieler arbeiten ebenfalls tagtäglich dafür. Auf diesem Weg gibt es immer wieder neue Herausforderungen, so dass gar keine Zeit für eine Abnutzung im Alltag bleibt.” 

Wenn ihr bei einer guten Fee drei Wünsche für die Viktoria frei hättet. Welche wären das? 

Jochen: “Die finanziellen Rahmenbedingungen verbessern. In Richtung Marketing und Vertrieb können wir noch mehr machen, dafür benötigen wir aber auch wieder Personal, das bezahlt werden muss. Und am Vereinsgelände mit Kabinen, Büros und der Gaststätte müsste noch etwas getan werden.” 

Benni: “Ein neues Stadion mit Verwaltungstrakt, Umkleidekabinen und einem Trainingsplatz für die Erste Mannschaft. Das bisherige Vereinsgelände würde dann ausschließlich von der Jugend bzw. dem NLZ genutzt, um als Campus ausgebaut zu werden. Der zweite Wunsch wäre ein Zuschauerschnitt von 5.000 pro Heimspiel (lacht) und drittens die Rückkehr in den Profifußball.” 

Kurze Fragen, kurze Antworten: 

Wer steigt auf? 

Jochen: “Unterhaching.” 

Benni: “Unterhaching.” 

Wo landet die Viktoria: 

Jochen: “Wäre schön, wir könnten den Platz halten. Aber realistisch um Platz 5.” 

Benni: “Oberes Tabellendrittel.” 

Wer wird Torschützenkönig: 

Jochen: “Jabiri.” 

Benni: “Jabiri.” 

Bleibt Jochen Seitz Trainer? 

Jochen: “Vielleicht.” 

Benni: “Wir werden alles daransetzen.” 

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Stand: 29. Januar 2023 / Autorin und Redaktion: Melanie Grün-Schmidt